Mädels
Frl. Croissant: (Summt vor sich hin.) Lalalala.
Borkheimer: Würden Sie bitte noch die Pflanzen gießen, bevor sie gehen, Frl. Croissant.
Frl. Croissant: Jaja, mach ich Herr Aderwitz, da haben Sie durchaus Recht, Schauen Sie, das Riemann-Integral, das Perron-Integral, das Abel-Integral, mein Gott! Bei all den Asymtotenkrümmungen, das ist nicht so, das man einfach sagen kann, das wäre nichts!
Aderwitz: Ich verstehe Sie zu gut. Hätte Freud sonst bei aller Affektivtät zum Stimulus-Response jemals den Herdentrieb in Bezug auf Verbraucherkreditbeträge in Erwägung gezogen? Handlungstheoretische Grundbegriffe fallen nun mal nicht einfach so vom Himmel, das ist beim Riemann-Integral nicht anders
Borkheimer: Man darf..., man kann...., es ist einfach ... Ja! Was wäre die Mathematik, die Physik, die Statik und Batik ohne Trick und Geschick von uns, den Wissenschaftlern. Schauen Sie, 1774, Euler fällt die Treppen des Petersburger Doms hinunter. Ergebnis: ... ach, bitte Frl. Croissant, wenn sie bitte noch so nett wären, die Post zu frankieren ... (Hintergrund: Jaja mach ich) Ergebnis: Die Theorie der differnzierbaren Mannigfaltigkeit. Was wären wir ohne Euler heute! p - 2 wäre dann immer noch eine allgemeine Lösung ohne Substitution. Und jetzt! partikuläre Lösungen! Inhomogene Diferentiallösungen! Variationsrechnungen!
Aderwitz: Euler, Euler, Euler! Ich hör immer nur Euler! Da steckt mehr dahinter! Was glaubem Sie den Kollege! Was glauben Sie den! Wir sind nicht bei den Barbapapas und Barbamamas. Es weht ein rauher Wind! Auch ihr Euler mußte bei seinen Kurven, Ecken und Winkeln auf die Übertagung der Befugnis zur Ausübung der Wechselrechte unter Beschränkung der Innenverhältnisse achten! Ha! George Orwell hatte auch Ihren Euler am Schlawittl!
Borkheimer: Gut, sicher, wenn Sie eine Annahme lokaler Nichtsättigung postulieren. Aber irgendwie... ähh es liegt mir viel daran Prof. Aderwitz, daß man eine gleichmäßige Konvergenz zugrunde legt. Haha, wo kämen wir denn dahin, wenn sich jeder seine eigene Tangentialhyperbene zurechtschustert! Adieu Gauß, adieu Bernoulli, adieu Phytagoras und Thales, Arkus, Lokus ab in die Hölle, implizit linear, versteht sich! Diabolus in caelo.
Aderwitz: Sie sprechen den asketische Protesttanismus an, aber ich sage Ihnen gleich, daß sie so nicht weiterkommen. Diese ewigen Wahrheiten religiöser Verkündung, Feuerbach und Marx, was wollen Sie! Ich frage sie, was wollen Sie, Systemrationalität und offene Atentionalität sind doch nicht dasselbe, nach Markowitz ist das gerade ein Prozess kollektiver Identitäten, die ...
Frl. Croissant: Wiedersehen
(lautes Türschlagen, Pause)
Borkheimer: Sie ist weg.
Aderwitz: Ja. Süßes Ding. (Seufz) Meine Lieblingsstudentin. Und Ihr Name: Marie Croissant! Und Ihre Nase! Welche Formvollendung.
Borkheimer: Ja, Sie ist hübsch. Da kann man nichts sagen. Ich mag sie. Schade, daß Sie nur Dienstags assistiert.
(Tür geht nochmal)
Frl. Croissant: Hallo nochmal, ich hab...
Aderwitz: Oh, Fräulein Croissant, Sie haben wohl was vergessen, jaja, kommen sie nur rein und holen Sie was sie brauchen .... äh wo war ich stehengeblieben, ja, eine Prozess kollektiver Identitäten, ich sehe das so, wer Selbsreferenz sagt, muß auch Reflexivität sagen, wenn sie wissen was ich meine. Die Einheit der Klassen IST noch nicht soweit, als daß man die kulturelle Semantik eines Luhmann oder die astrukturelle Syntesis eines Habermas einfach so ...
(Tür geht)
Frl. Croissant: Wiedersehen!
Borkheimer: ... einfach so ...
Aderwitz: Ja, einfach so ähhh. (Pause) Ja! Ich muß dann mal weiter, war nett mit Ihnen zu plaudern, Herr Prof. Borkheimer!
Borkheimer: Oh, ja, ich hab gar nicht auf die Uhr geschaut, ich muß ja auch noch..., ähh, schönen Tag noch, Herr Kollege!
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